Streitfall: Verwertungskündigung

In einem unbefristeten Mietvertrag über Wohnraum hat der Vermieter nur wenige Möglichkeiten, um den Mieter kündigen. Begründet werden kann eine Kündigung mit Eigenbedarf, Vertragsverletzungen seitens des Mieters oder einer Verwertung der Immobilie. In diesem Beitrag geht es um die Verwertungskündigung, die häufig die Gerichte beschäftigt. Für die Rechtmäßigkeit dieser Kündigung müssen bestimmte, eng gefasste Voraussetzungen erfüllt sein. Im Zweifelsfall sollten Sie sich als Mieter und auch als Vermieter von einem Rechtsanwalt im Mietrecht beraten lassen, wenn es um eine Verwertungskündigung geht.


Was ist eine Verwertungskündigung mit Mietrecht?

Der Vermieter als Eigentümer einer Immobilie ist dazu berechtigt, angemessenen wirtschaftlichen Nutzen aus seinem Eigentum zu ziehen. Grundsätzlich müssen 4 Voraussetzungen vorliegen, um eine Kündigung wegen Verwertung zu rechtfertigen:

  • Der Vermieter beabsichtigt eine andere wirtschaftliche Verwertung der Immobilie als bisher. Hier kann es beispielsweise um Verkauf, Abriss, Modernisierung oder Sanierung gehen. In der Praxis spielen auch Fälle eine Rolle, in der sich eine Erbengemeinschaft auseinandersetzt und dabei die Mietimmobilie wirtschaftlich verwerten will.
  • Die geplante veränderte Nutzung muss für diese bestimmte Immobilie angemessen sein.
  • Die Fortsetzung des Mietverhältnisses hindert den Vermieter an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung.
  • Dem Vermieter entstehen wirtschaftliche Nachteile, weil er seine Immobilie nicht angemessen verwerten kann.

Der unbestimmte Rechtsbegriff der angemessenen wirtschaftlichen Verwertung bildet die Basis der Begründung bei Verwertungskündigungen. Nicht jede Verwertung wird als wirtschaftlich angesehen. Beispielsweise ist der reine Abriss eines Gebäudes ohne weitere Nutzung mit wirtschaftlichen Vorteil keine wirtschaftliche Verwertung. Wird dagegen eine Immobilie abgerissen, um mit einem Neubau einen höheren Immobilienwert zu erzielen, kann darin eine wirtschaftliche Verwertung zu sehen sein. Immer muss sich bei einer wirtschaftlichen Verwertung ein bestimmter Wert realisieren, der in der Immobilie selbst liegt. Ebenfalls entscheidend ist die Angemessenheit der wirtschaftlichen Verwertung. Es müssen vernünftige sowie nachvollziehbare Gründe vorliegen, warum die angestrebte neue Verwertung den Vermieter besser stellt als die bisherige Nutzung. Ebenso entscheidend ist, dass der Vermieter darlegen kann, dass ihm die Einbuße bei Weitervermietung nicht mehr zumutbar ist, beziehungsweise dass die Vermietung eine wirtschaftliche Verwertung hindert. Hier kommt es zu einer Interessenabwägung. Die wirtschaftlichen Nachteile des Vermieters müssen die Nachteile des Mieters im Falle einer Kündigung des Wohnraums erheblich übersteigen.


Besonderheiten bei Sanierung, Verkauf und Modernisierung

Ähnlich wie bei Abrissarbeiten rechtfertigt nicht jede Sanierungsmaßnahme oder jede Umbaumaßnahme eine Verwertungskündigung. In Betracht kommen vom Umfang der Arbeiten nur Kernsanierungen, für die der Mieter die Immobilie verlassen und nicht nur Sanierungsarbeiten dulden müsste. Bei Verkaufsplänen reicht es nicht aus, mit den besseren Verkaufschancen einer entmieteten Immobilie zu argumentieren. Hier müsste schon nachweisbar sein, dass es nahezu unmöglich ist, die Immobilie wirtschaftlich rentabel im vermieteten Zustand zu verkaufen. Auch nicht jede Erbstreitigkeit in einer Erbengemeinschaft reicht zu Begründung von Verwertungskündigungen aus.


In einigen Bundesländern ist es möglich, über eine Zweckentfremdungsgenehmigung, die in der Regel mit Ausgleichszahlungen an den Mieter verbunden sind, Wohnraum einem anderen Zweck zuzuführen. Hier sind die jeweiligen Voraussetzungen im einzelnen Fall genau zu prüfen. Suchen Sie im Idealfall das Gespräch mit einem Fachanwalt für Mietrecht.

Die Kündigung zur Verwertung muss schriftlich und ordentlich, das heißt mit einer Kündigungsfrist im Sinne von § 568 Abs. 1 BGB erfolgen. Der Vorschrift kann entnommen werden, wie sich bei einer Verwertungskündigung die Fristen in Abhängigkeit der bisherigen Mietdauer gestalten. Zu beachten ist, dass die Verwertungskündigung spätestens am 3. Werktag eines Kalendermonats zugehen muss, damit sie zum Ablauf des übernächsten Monats wirksam werden kann.

Viele Verwertungskündigungen erweisen sich bei einer richterlichen Überprüfung als unwirksam. Da der Mieter gegen die Kündigung Widerspruch einlegen und sich gegebenenfalls auch auf eine Härtefallregelung berufen kann, kann es sinnvoll sein, eine einvernehmliche Lösung zwischen Mieter und Vermieter zu suchen. Hier kommt eine Abfindungszahlung infrage, um dem Mieter einen Anreiz für eine Aufhebung des Mietvertrages zu geben.

Verwertungskündigungen sind komplexe rechtliche Angelegenheiten. Von der Vermieterseite hier kommt es insbesondere auf die nachvollziehbare nachweisbare Begründung einer solchen Kündigung ein. Mieter wie Vermieter sind deshalb gut beraten, sich rechtzeitig mit einem erfahrenen Fachanwalt im Mietrecht zu besprechen und gegebenenfalls auch vertreten zu lassen. Dr. Papsch & Collegen in Hannover stehen Ihnen zur Verfügung.